„Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ So heißt es bei Goethe. Das ist es, was mir in den Sinn kommt, wenn ich an die laufenden Verhandlungen der SPD, der Grünen und der FDP denke. Sollten da wirklich einige kluge Köpfe sich auf den Weg gemacht haben, die schon seit gefühlt ewigen Zeiten liegen gelassenen Probleme anzupacken? Auch wenn man nicht viel über den Fortgang der Gespräche hört, das, was man im Wahlkampf vernehmen konnte, macht Hoffnung.
Die SPD ist in den Fragen des Klimaschutzes zwar wenig konkret geworden, aber man kann davon ausgehen, dass sie sich nicht gegen Maßnahmen sträubt. Die Grünen haben sowieso klare Vorstellungen, was zu geschehen hat und die FDP bringt den Aspekt der technischen Umwandlung durch die Initiative der Wirtschaft ins Spiel.
Das hört sich zumindest schon einmal dynamischer an als die Statements des CDU-Kanzlerkandidaten, der seine Politik wegen so einer Lappalie wie die Überschwemmungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nicht ändern möchte und in etwa als politisches Leitmotiv verkündet: „In einigen Wochen ist Sitzung des Vorstandes, dann beraten die Gremien, und danach sehen wir mal.“
Ob aber die jetzt verhandelnden Parteien wahr machen, was angekündigt wurde, bleibt abzuwarten. Es gibt wohl eine Tendenz, die Lösung der Probleme durch eine Bündelung der Anstrengungen anzugehen. Das wäre lösungsorientiert und endlich wäre die Umsetzung nicht schon von vornherein durch Bedenken und durch Verzettelung der Zuständigkeiten in eine Endlosschleife gefangen. Inwiefern der gute Wille und der Mut ausreichen, sich gegen die festgefügte Bastion der Verwaltung zu behaupten und diese zum Diener der Politik zu machen, ist eine weitere Frage. Die Verschlankung der Verwaltung und die dadurch mögliche Beschleunigung der Abläufe ist unabdingbar. Wenn das Tempo auf dem Niveau des Baues des Berliner Flughafens bleibt, wird aus dem Projekt für eine klimaneutrale Zukunft nichts. Wenn der Wandel Fahrt aufnehmen soll, müssen unangenehme Wahrheiten unverblümt ausgesprochen werden. Es wird teuer werden, es wird Einschnitte in unseren luxuriösen Lebensstandard geben, wir werden akzeptieren müssen, dass auch in unserer Nähe Windkraft-Anlagen aufgestellt werden, dass Stromtrassen an unsere Siedlung vorbeiführen und die schöne Aussicht beeinträchtigen. Und bei all dem ist zu bedenken, dass wir nicht allein sind auf der Welt.
Ich bin mir nicht sicher, ob wir in den hoch entwickelten Regionen der Erde diejenigen sind, die zuletzt Herr der Lage bleiben werden. Schon jetzt bahnt sich eine Kette von sich weltweit abspielenden Problemen und Katastrophen an. Allmählich wird der Klimawandel große Areale unbewohnbar machen. In vielen Gegenden wird Dürre die Lebensgrundlage vernichten, in anderen Gegenden werden Überschwemmungen dasselbe tun. Gleichzeitig ist der Hunger unserer Gesellschaft nach Grundstoffen und Lebensmitteln unstillbar. Ein frappierender Gegensatz zu dem realen Hunger in der Welt. Die Hoffnung, durch Fortschritt die Lebensmittelproduktion so weit steigern zu können, dass der Hunger in der Welt besiegt ist, ist glatter Hohn. Wir sind schon seit ewigen Zeiten dabei, unsere natürlichen Ressourcen zu vernichten und benehmen uns wie die Wanderheuschrecken. Jede Ausweitung der Nahrungsproduktion wird erkauft mit der Vernichtung von Ökosystemen. Das schon lange bestehende Ungleichgewicht steuert zum Klimawandel bei. In naher Zukunft werden große Wanderungen einsetzen, um zu überleben. Letztendlich wird das Recht des Stärksten darüber entscheiden, wer noch ausreichend zu essen und zu trinken hat. Gleichzeitig zeigen uns Ereignisse wie eine Pandemie, was passiert, wenn das labile Gefüge unserer Wirtschaft Risse bekommt. Unsere Lebensgrundlage basiert auf dem immensen Energieverbrauch. Eine Unterbrechung der Hauptströme an Erdöl und Erdgas verursacht einen sofortigen Kollaps der Wirtschaft. Schwerwiegende Konflikte sind vorprogrammiert.
Es steht in den Sternen, ob uns noch genug Zeit bleibt, auf eine klimaneutrale Wirtschaft umzusteigen, die gleichzeitig den Raubbau an unsere Erde stoppt. Wie das funktionieren soll, ist mir ein Rätsel, verbrauchen wir doch so viel Grundstoffe und Fläche und verschmutzen wir die Welt mit so viel Abfällen, dass die Natur ernsthaft Schaden nimmt. Selbst eine Wirtschaft, die ausschließlich auf Sonnenenergie angewiesen ist, löst nicht die anderen Probleme. Mit einer emissionsfreien Energie kann man die vorhandenen Grundstoffe auch nicht vermehren und der Landverbrauch verringert sich ebenso wenig. Dazu kommt die stetige Zunahme der Weltbevölkerung. Ich halte zwar nicht viel von Vorhersagen über die Entwicklung, da es etliche Unbekannte in der Rechnung gibt, aber schon jetzt leben eigentlich zu viel Menschen auf der Erde. Wenn alle eine Existenzgrundlage hätten, die ein Leben in Gesundheit und Sicherheit und mit einem Minimum an Wohlstand gewährleistet, würden die Ressourcen noch viel weniger ausreichen als sie es jetzt schon tun. Und wer möchte den Milliarden Menschen in Gegenden, die noch nicht so weit entwickelt sind, das Recht auf einen gesicherten Lebensstandard verwehren? Das Dilemma der Überbevölkerung besteht darin, dass die Kindersterblichkeit bei einer besseren Versorgung abnimmt, die Geburtenrate aber erst beim Erreichen eines gewissen Wohlstandes sinkt. Somit wird zumindest in einer Übergangszeit der Anstieg der Weltbevölkerung beschleunigt.
Bei einem gewissen Optimismus kann man argumentieren, dass die Wissenschaft viele Methoden entwickeln wird, um die Probleme zu lösen. Bleibt aber das Grundproblem der Ressourcen und das des Flächenverbrauchs. Die Gedankenspiele, mittels Besiedelung anderer Planeten die Menschheit zu retten, wirken in diesem Zusammenhang wie die Fantasien kleiner Jungs. Sie sind auch zynisch. Wer hat dann das Recht, sich auf dem Mars oder anderswo zu retten? Und wer bleibt hier auf der verwüsteten Erde? Oder evakuieren wir mal eben flott Milliarden von Menschen per Rakete? Und was bieten denn die anderen Planeten?
Angesichts dieser Fragen ist es vielleicht tatsächlich egal, ob eine neue Regierung mit Elan an die Lösung einiger Probleme geht, oder ob es auch ausreicht, mal zu sehen, was kommt, um dann eine Kommission einzuberufen, die nach wochenlanger Beratung verkündet:
„In einem Monat ist Sitzung des Vorstandes, dann beraten die Gremien, und danach sehen wir mal.“
Und ich? Was tue ich, um die Welt zu retten? Ehrlich gesagt, nichts, das die große Wende herbeiführt. Ich mache Gebrauch von den Annehmlichkeiten des täglichen Lebens, ich wohne recht komfortabel in einem Einfamilienhaus, ich fahre ein Auto mit Verbrennungsmotor, kurzum, ich habe gut reden. Ich sehe, dass vieles schiefgeht, habe aber auch keine Lösungen parat.
Ich glaube, dass wir die Welt nur „retten“ können, wenn die Menschheit als Ganzes sich auf einen Ausgleich einigen würde, wenn es die Vereinten Nationen wirklich geben würde und kein Land mehr seine eigenen Interessen über die Interessen aller stellen kann. Der Wunsch ist so realistisch wie der Wunsch, ich könnte von der Luft allein leben…