Wahltag. Ich habe meine drei Kreuze gesetzt und bin erleichtert. Nicht, dass ich es als Last empfinde, zu wählen. Es ist ein Recht, um das uns viele Menschen auf der Welt beneiden. Aber es war nicht leicht, zu entscheiden, wo meine drei Kreuzchen landen. Einen klaren Favoriten hatte ich nicht, weder für die Wahl des Bürgermeisters / der Bürgermeisterin, noch für die Kandidaten im Gemeinderat.
Was haben sie zu bieten? Was haben sie bisher gemacht? Landet meine Stimme in den Papierkorb der unbedeutenden Gruppierungen?
Es gibt Überschneidungen zwischen den Themen, die im Bereich der Gemeinde wichtig sind und die, die in der Bundesrepublik und darüber hinaus von Belang sind. Daneben gibt es natürlich Themen, die mehr von lokalem Interesse sind. Die „großen“ Parteien machen es schon auf Bundesebene nicht leicht, sich einen Eindruck zu verschaffen über die große Perspektive. Übrigens meiner Meinung nach das Unwort des Jahres 2021. „Perspektive“, das Wort, das bei jeder sich bietenden Gelegenheit im Munde genommen wird, wenn man den Bürgern etwas verspricht. Im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie ging kein Tag vorbei, an der nicht der eine oder andere Politiker meinte, man müsse den Menschen „eine Perspektive geben“, egal ob Arbeitern, Unternehmern, Künstlern oder Schulkindern. Um sich anschließend im Klein-Klein der Landespolitik gegenseitig auszutricksen oder dem politischen Gegner einen auszuwischen, indem man Vereinbartes elegant umsegelte.
Eine Perspektive. Ja, eine Perspektive, die weiter schaut als bis zum nächsten Wahltag. Anlässe gibt es genügend: die „Energiewende“, das Klima, der Naturschutz, die Wohnungsnot, die Bildung, die Rente, die Infrastruktur, Europa…
Die bisherige Regierungen haben sich da nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert, von der Aufzeichnung von Perspektiven war nicht viel zu erkennen, geschweige denn von einer genaueren Idee, was denn zu machen sei.
Aber wie sieht es denn auf der lokalen Ebene aus? Sehr unterschiedlich. Es gibt Gemeinden, die finanziell gut aufgestellt sind und solche, die am Tropf hängen. Und nicht, weil die einen besser mit Geld umgehen können als die anderen, sondern, weil die Voraussetzungen zur Generierung von Einnahmen sehr unterschiedlich sind. Genau so unterschiedlich sind die Anforderungen, zum Beispiel zwischen Stadt und Land.
Es war nicht leicht. Aber ich habe gewählt. Denn das ist das große Glück, dass wir wählen können und hoffen, wir haben die richtige Wahl getroffen. Und wenn wir unzufrieden sind, dann gibt es die Möglichkeit, sich zu engagieren. In einer Partei oder in einer Initiative. Und unsere Wahl ist nicht für ewig, sondern für eine Legislatur. Und dann können wir erneut entscheiden. Vielleicht bietet dann eine Partei eine „Perspektive“.