Meine Frau hat sich früher ein Puppenhaus gewünscht, aber keines bekommen. Das hat sie gelegentlich erwähnt. Den Zaunpfahl habe ich durchaus winken sehen, aber die Umsetzung brauchte eine gute Eingebung. Es dauerte, bis ich wusste, wie ich es angehen konnte. Ein gängiges Puppenhaus zum Hinstellen und Spielen, das danach wieder weggeräumt wird, da es zu viel Platz einnimmt, entsprach nicht meinen Vorstellungen. Und auch Ruth wollte eigentlich nicht spielen, sondern ausschmücken. Also machte ich mich vor etwa dreißig Jahren an einem Nachmittag auf zur Schule und benutzte die Möglichkeiten, die der Werkraum bot. Ich hatte Arne mitgenommen. Während ich "unser" Puppenhaus konstruierte bastelte er sich eine Miniatur-Ausgabe. Mit diesen beiden Produkten fuhren wir wieder nach Hause. Der Grundstein war gelegt.
Ich hatte ein relativ flaches Haus gebaut, das vorne offen war und aufgehängt werden konnte. Viel Einrichtung war noch nicht vorhanden, aber es konnte nun weiter gehen. So vergingen Jahre, in denen nicht viel mehr passierte. Als Arne schon längst erwachsen war nahmen wir den Ausbau in Angriff. Das Haus wurde tiefer gemacht, Fensteröffnungen kamen hinzu und vor allem zwei Dachgauben. Jetzt war genügend Platz da für die Einrichtung. Schrittweise wurden Details hinzugefügt. Vieles konstruierten wir selbst, mit den unterschiedlichsten Materialien. Es war ein großer Spaß für alle, wobei Ruth des Öfteren kritisch anmerkte, es sei doch ihr Puppenhaus. Das wurde bejaht, wonach wir uns weiter an die Arbeit machten. Und Ruth musste zugeben, dass das Resultat überzeugte.
Uns fielen ständig neue Details ein, die sich integrieren ließen. Ein Balkon? Ja, machen wir. Uns war wichtig, dass alles bis ins Detail stimmte. So bekam der Balkon nicht einfach ein Geländer, sondern der Rand wurde leicht erhöht. so dass das Regenwasser nicht über die kante tropfen konnte, und in einer Ecke kam ein Abflussrohr mit Verbindung zum Fallrohr der Regenrinne. Fenster und Türen lassen sich öffnen. Bei einem Spezialgeschäft für Puppenhauseinrichtungen bestellten wir viele kleine Sachen, die wir nicht selbst machen konnten, wie Leuchten oder Herd und Ofen.
Als die Corona-Auflagen uns zu einer Einschränkung unserer Aktivitäten zwang starteten Arne und ich eine neue Kampagne. Die oberen Räume wurden eingerichtet und die Elektrik erweitert. Unser Ehrgeiz lag darin, die Verkabelung so zu verlegen, dass sie unsichtbar war; so, wie es in einem echten Wohnhaus auch der Fall ist. Die Zuleitungen befinden sich alle an der Rückseite des Hauses. Um eine Reparatur zu ermöglichen sind Steckverbindungen eingebaut, zum Beispiel im Ofenrohr. Im Ofen brennt ein Flackerlicht. Viele Details bastelten wir selbst. Die Spitzen auf den Gaubendächern bestehen aus einem Zahnstocher, einer Holzperle und einer kleinen Pappscheibe. Die Schwalben und ihre Nester bestehen aus einer Knetmasse aus Toilettenpapier und Ponal. (Nein! Wir sind nicht schuld an der Klopapier-Knappheit!) Zur Weihnachtszeit steht im Wohnzimmer ein Weihnachtsbaum mit Lichtern, im Giebel hängt dann ein Herrnhuter Stern, selber gebastelt und mit Licht.
Nach wie vor freuen wir uns über das gelungene Produkt unseres Fleißes. Und ganz fertig sind wir noch nicht. Werden wir wohl auch nicht werden, da uns so viel einfällt.